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DE-05 Schulbüro – zur Koordination aller Schülermaßnahmen @ TU Berlin
Organisationsform: | Universitäten |
Organisationsgröße: | Große Organisationen (mehr als 250 Beschäftigte) |
Aktionsfelder: |
Rekrutierung und Stellenbesetzung Unterricht und Lehre |
Schlagworte: | Diversity- und Vielfalts Management, Frauen in Naturwissenschaften und Technik / MINT. |
Kontakt: Bettina Liedtke Leiterin Schulbüro bettina.liedtke@tu-berlin.de www.schulportal.tu-berlin.de |
Kurzbeschreibung
Das Schulbüro wurde 2010 an der Technischen Universität Berlin zur Koordination bereits bestehender Angebote für Schulen gegründet. Insgesamt werden durch die Aktivitäten des Schulbüros jährlich rund 7.000 Mädchen und Jungen erreicht. Gut 40% der Teilnehmenden sind Mädchen – wodurch langfristig ein Beitrag geleistet werden soll, die Frauenquote unter Studierenden in allen Studiengängen auf mind. 20% zu erhöhen.
Ausführliche Beschreibung
Informationen zur Organisation
Die Technische Universität Berlin (TU Berlin) hat sieben Fakultäten mit vorwiegend naturwissenschaftlicher, technischer oder ingenieurwissenschaftlicher Ausrichtung. Im Jahr 2010 waren rund 27.600 Studierende an der TU Berlin immatrikuliert. Ein Drittel der Studierenden war weiblich, jeder fünfte Studierende hatte eine ausländische Herkunft. Die TU Berlin gehört zu den neun größten und forschungsstärksten Technischen Universitäten Deutschlands. Seit 2008 trägt die TU Berlin das Total E-Quality Prädikat (www.total-e-quality.de).
Motivation
Die TU Berlin verpflichtete sich im Jahr 2008 zur Umsetzung der forschungsorientierten Gleichstellungsstandards der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Das Hauptziel dieser Standards ist, eine gleichberechtigte Beteiligung von Männern und Frauen in Wissenschaft und Forschung zu erreichen, da die DFG Gleichberechtigung als Schlüssel zu Talenten und Forschungsexzellenz sieht.
Vor diesem Hintergrund suchte die TU Berlin geeignete Instrumente, um die bestehenden Schulaktivitäten besser zu koordinieren und zu kommunizieren. Zudem sollten verstärkt Schülerinnen angesprochen werden, da diese in Deutschland in mathematisch-technischen Fächern (zumindest) genauso gut wie ihre männlichen Mitschüler abschneiden jedoch häufig MINT Studiengänge nicht in Betracht ziehen (MINT = Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik). Durch eine stärkere Ansprache und Gewinnung von gut informierten Schülerinnen und Schülern soll auch die Qualität der Studierenden insgesamt nachhaltig gesichert werden. Durch das Instrument „Schulbüro“ sollen die Schülerinnen und Schüler orientierten Maßnahmen gebündelt, verknüpft, evaluiert und stärker strategisch in Fakultäten, Verwaltung und Hochschulplanung verankert werden.
Beschreibung
Im Februar 2010 implementiert, zielte das „Schulbüro“ der TU Berlin auf die strategische Bündelung der Nachwuchsarbeit. Bestehende Maßnahmen sollten eine gemeinsame Struktur und Vermarktungsstrategie erhalten. Die Hauptziele der Aktivitäten waren und bleiben die Erhöhung der Studentinnen-Quote und die nachhaltige Gewinnung qualifizierter Studierender für Exzellenz in Wissenschaft und Forschung. Die derzeitigen Maßnahmen des Schulbüros fokussieren die geschlechtergerechte Ansprache, die zukünftig auf Schüler/innen mit Migrationshintergrund ausgeweitet werden soll.
Die Konzeption und Vorbereitung des Instruments hat bis zur Umsetzung rund ein Jahr gedauert. Mit Einrichtung des Schulbüros entstand auch das Schulportal, das die Maßnahmen des Schulbüros im Internet präsentiert. Der konzeptuelle Ansatz stammt von der heutigen Leiterin des Schulbüros. Diese war bereits zuvor als Schulkoordinatorin an einer Fakultät der TU Berlin beschäftigt und kannte die zuständigen Akteure.
Das Schulbüro wurde zunächst für fünf Jahre eingerichtet. Es hat die folgenden Aufgaben:
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Angebote für Schülerinnen und Schüler, Eltern, Lehrkräfte an zentraler Stelle bündeln.
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Angebote kommunizieren. Die interne Kommunikation läuft über die Mitarbeiterzeitung, Onlineportale, Runde Tische, die eigene Website, sowie als Bericht an das Präsidium. Die externe Kommunikationsstrategie umfasste zunächst eine Pressekonferenz und Info-Artikel in regionalen Tageszeitungen. Regelmäßig finden „Schulverschickungen“ (mit Informationsmaterialien) sowie Lehrerfortbildungen statt.
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Netzwerk mit Partnerschulen aufbauen. Seit 2002 bestehen Kooperationsvereinbarungen mit Schulen in Berlin und Brandenburg. Doch erst das Schulbüro entwickelte eine Kommunikations- und Rekrutierungsstrategie sowie einen transparenten Auswahlprozess der Partnerschulen durch definierte Kriterien und Pflichten. Der Partnerstatus wird jährlich 2 – 3 Schulen für jeweils drei Jahre verliehen. Ziel ist, eine Kooperation mit 20 zuverlässigen Partnerschulen zu etablieren.
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Anforderungen der Akteure abstimmen: In neu etablierten gemeinsamen Netzwerktreffen tauschen sich die Anbieter von Schüler/innen-Projekten mit Multiplikatoren aus. Zu diesen gehören u.a. Frauenbeauftragte, das Femtec Hochschulkarrierezentrum an der TU, Vertreter/innen von Schulen und dem Berliner Senat. Circa halbjährlich nimmt die Kanzlerin an einem Round Table zum Thema teil. Moderierte interne Workshops dienen zur Entwicklung von gemeinsamen Werten und Zielen.
Die Finanzierung erfolgte über diverse Drittmittelprojekte und Eigenmittel der TU Berlin. Finanziert wurden eine Leitungsposition, eine Mitarbeiterin (50%), eine studentische Hilfskraft (50%) und Sachmittel. Zwei Jahre nach Einrichtung wird mit einer verstetigten Leitungsposition und zwei studentischen Hilfskräften (je 25%) sowie jährlich ca. 1.000-2.000 Euro durch Fundraising u.a. zur Pflege des Internetauftritts gerechnet.
Implementierung
Wichtige Schritte bei der Implementierung waren: Finanzierung und Konzeptausarbeitung, Abstimmung des Konzepts mit dem Präsidium, Etablierung einer internen Struktur (Einrichtung des Schulbüros zur Umsetzung des Schulportals) und eine sorgfältige Rekrutierung des Personals.
Erfolgsfaktoren, die für den Erfolg der Instrumente von großer Bedeutung waren:
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Top-Down Ansatz und vielseitige Unterstützung: Die Implementierung der Instrumente „Schulbüro“ / „Schulportal“ erfolgte Top-Down durch die initiierende Kanzlerin, die für die Nachwuchsarbeit und Chancengleichheit zuständig war. Elementar waren zudem das Engagement der wissenschaftlich begleitenden Professorin (Prof. Angela Ittel, Pädagogische Psychologie, Institut für Erziehungswissenschaft) sowie die Unterstützung durch diverse Multiplikatoren.
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Administrative Zuordnung: Durch die strategisch günstige Zuordnung zur zentralen Verwaltung und die mitwirkende Leitung durch eine Professorin ist einerseits der direkte Zugang zum Präsidium, andererseits eine höhere Glaubwürdigkeit in den Fakultäten gegeben. Das Schulbüro erhielt dadurch zwei „Direktzugänge“ in die internen Strukturen der TUB.
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Bündelung von Anforderungen: Nach Einrichtung des Schulbüros wurden zur Aktivierung und Information der Hochschulakteure Workshops angeboten, in deren Rahmen Wünsche und Anforderungen gebündelt wurden;
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Evaluation und dynamische Entwicklung: Die Unterstützung der Professorin ermöglicht eine kontinuierliche wissenschaftliche Evaluation und Begleitung des Instruments Schulbüro. Dadurch konnten und können Konzept und Umsetzung von Schulbüro und Schulportal kontinuierlich angepasst werden, z. B. Berücksichtigung von diversity Aspekten bei der Ansprache von Schüler/innen.
Effekt und Nutzen
Die Sichtbarkeit von Gendermaßnahmen im Schulbereich hat sich merklich erhöht. Berichte werden von entscheidenden Personen gelesen und werden veröffentlicht. Die Resultate des Schulbüros waren derart zufriedenstellend, dass die anfängliche Befristung des Stellenprofils von fünf Jahren aufgehoben wurde.
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Qualitätsmanagement: Eine erste durch ein externes Institut durchgeführte Evaluation aller Maßnahmen der TU Berlin, die zur Gendergleichstellung beitragen, zeigte für 2009 für ausgewählte Projekte eine Teilnehmer/innenzahl von über 7.000 Schüler/innen pro Jahr auf. Unter Berliner Schüler/innen wurde ein hoher Bekanntheitsgrad der Maßnahmen festgestellt. Die Zufriedenheit der Teilnehmenden war insgesamt sehr hoch, wichtig waren Praxisbezug, Spaß, "Selbermachen". Januar 2012 wurden zudem TU Studierende zur Inanspruchnahme der Maßnahmen befragt. Die vorläufigen Ergebnisse stützen die Angaben von 2007.
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Gezielte Ansprache von Frauen: Bei Projekten, die beiden Geschlechtern angeboten werden, konnte der Anteil der Schülerinnen von ehemals 20% auf durchschnittlich 40% gesteigert werden. Zudem gibt es diverse nur an Schülerinnen gerichtete Projekte.
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Der Anteil der Studentinnen konnte in einzelnen Studiengängen merklich gesteigert werden. So lag in dem Studiengang E-Technik vor Einführung des Projekts GET-IT! (Projekt nur für Schülerinnen) die durchschnittliche Frauenquote bei 8%, nach Einführung des Projekts stieg diese Quote innerhalb von zwei Jahren auf 14%.
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Die neu etablierten TU-internen Workshops haben sich als effektiv für Know-how Transfer und Vernetzung erwiesen. Die jetzt gute Kooperation ist bei befristeter Drittmittelfinanzierung sehr wichtig. Im Rahmen der Workshops wurde eine Dachmarke („EchTUni“) entwickelt, die Qualitätskriterien für Schulangebote definiert. Die Akteure verstehen sich nun als Dienstleister.
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Schulportal als Good Practice: Der Unternehmensverband Berlin-Brandenburg richtet eine dem Schulportal analoge Internetdatenbank ein. Sie soll alle Nachwuchsprogramme von Berliner Universitäten und Unternehmen (z.B. Labore, Praktikumsplätze) enthalten. Das Schulportal nutzte der Verband als Zukunftsvision einer Angebotsdatenbank für schulische Zielgruppen.
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Strukturelle Einbindung in Entlohnung: Geplant ist ein Anreizsystem, wodurch sich Schularbeit positiv auf das Gehalt der Aktiven auswirkt. In Nachwuchsarbeit wird überdurchschnittlich häufig von Frauen investiert; daher profitieren sie im Mittel stärker.
Die TU Berlin trägt das Audit familiengerechte Hochschule und das Prädikat Total E-Quality. Zudem ist die Universität deutschlandweit die beste technische Universität bei der Umsetzung der Gleichstellungsstandards (Stand: Ende 2010, Quelle: CEWS).
Top Tipps
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Ein gutes internes Netzwerk aufbauen und Unterstützung von allen Seiten sichern.
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Verantwortliche/n Professor/in gewinnen – zwecks Doppelaufhängung in Verwaltung und Fakultät.
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Langfristige Strukturen schaffen statt kurzfristig handeln und planen.
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Klare Vorstellung über Ziele bilden und nicht zu rasch Zusagen bei externen Anforderungen geben – Strukturveränderungen brauchen Zeit.
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Auch unter Zeitdruck Innovationen zulassen: Deren Umsetzung hält den eigentlichen Plan auf, doch führt dies oft zu Qualitätssteigerungen.